Markenkultur und Unternehmenskultur

Markenhistorie und Markenkultur

Markenhistorie als Zugang zur Markenkulturentwicklung im Zeitverlauf am Beispiel der Automobilbranche

Markenführung wird heute überwiegend definiert als „entscheidungsorientierte Informations-verarbeitung und ihre Verwendung zur zielgerichteten Steuerung von Marken“. Einige Autoren weisen jedoch darauf hin, dass Unternehmen wesentlich weniger direkte Kontrolle über die Markenbedeutung haben als angenommen. Eine wesentliche Ursache für diese mangelnde Kontrolle ist in der zunehmenden Relevanz von Consumer-to-Consumer (C2C)-Beziehungen zu vermuten. Betrachtet man daraufhin den Gebrauch von Marken im Alltag, kann man feststellen, dass viele Marken vor dem Hintergrund solcher Konsumentennetzwerke eine eigene gelebte Kultur um sich verbreiten. Teilweise entsteht sogar eine so genannte „Brand Community“, die autonom agiert und eigene Ansichten hinsichtlich „ihrer“ Marke entwickelt. Um den Wert einer Marke vollständig zu verstehen, ist es folglich unabdingbar, sich auch mit ihrer Kultur zu befassen.

In Wissenschaft und Praxis herrscht zwar große Einigkeit über die positive Bedeutung von C2C-Beziehungen. Noch sehr ungenügend hingegen ist das Wissen um die Kultur von Marken, über deren Einflüsse und Wechselwirkungen sowie die Möglichkeiten ihrer Gestaltung. Insbesondere mit den Veränderungsprozessen von Markenkulturen im Zeitverlauf haben sich Wissenschaftler innerhalb der wenig systematischen Markenkulturforschung bislang gar nicht auseinandergesetzt. Das überrascht, da es sich bei Kultur stets um ein historisches Phänomen handelt. Entsprechend reicht es nicht aus, sich eine Markenkultur als Momentaufnahme anzuschauen.

Ausgehend von der klassischen Markenforschung werden daher dessen verhaltensorientierte Theorien um eine theoretische Konzeption einer Entwicklung von Markenkultur ergänzt, die ein wechselseitiges Deuten der Marke im Zeitverlauf sowie dessen Triebkräfte berücksichtigt. Diese Erweiterung zeigt auf, dass die Markenbedeutung in ‚Deutungskämpfen’ zwischen Markenanbieter und -verwendern immer wieder neu ausgehandelt wird. Mithilfe des Fallbeispiels der VW Golf-Kultur wird dieses theoretische Rahmenkonzept konkretisiert und weiterentwickelt, um darauf aufbauend Implikationen für das Markenmanagement abzuleiten.